
Klimaresiliente Agrar- und Ernährungssysteme
Wie lässt sich eine nachhaltige und klimaresiliente Landwirtschaft in den Tropen aufbauen? Der globale Klimawandel stellt die landwirtschaftliche Produktion in den Tropen vor immer größere Herausforderungen. Aus diesem Grund sind intelligente Anpassungsmaßnahmen erforderlich, um Menschen in der Landwirtschaft vor Klimarisiken zu schützen. Die Arbeitsgruppe „Anpassung in Agrarsystemen“ führt Klimaanalysen durch und entwickelt Klimafolgenmodelle, die sowohl Klimarisiken als auch mögliche Anpassungsmaßnahmen für eine klimaresiliente Landwirtschaft identifizieren. Die Forschung der Arbeitsgruppe basiert auf drei Säulen: Antizipation (die Vorhersage klimatischer Veränderungen und ihrer Auswirkungen auf natürliche Ressourcen und Ernteerträge), Anpassung (die Identifikation, Bewertung und Empfehlung geeigneter Anpassungsstrategien für Kleinbauern und -bäuerinnen) und Attribution (die Identifizierung, Quantifizierung und Zuordnung beobachteter Klimafolgen zu menschengemachtem Klimawandel). Die Arbeitsgruppe untersucht somit ganzheitlich die Schnittstelle zwischen Klimawandel, Landwirtschaft und Entwicklung mit dem Ziel, Anpassungspolitiken und Investitionen für klimaresiliente Agrar- und Ernährungssysteme zu unterstützen.
Die Arbeitsgruppe wird gemeinsam geleitet von:
Forschungsschwerpunkte
- Antizipation
- Modellierung von hochaufgelösten, Echtzeit-Ernteverlusten und saisonalen Ernteerträgen auf Basis statistischer Erntemodelle und maschineller Lernverfahren zur Unterstützung von Versicherungslösungen, Frühwarnsystemen und kurzfristiger Anpassungsplanung
- Quantifizierung mittel- bis langfristiger zukünftiger Klimaänderungen und deren Auswirkungen auf Sektoren wie Wasser und Landwirtschaft durch die Kombination von Daten globaler Klima- und Impact-Modelle mit regionalen prozessbasierten und statistischen Erntemodellen
- Anpassung
- Bewertung geeigneter Anpassungsstrategien für verschiedene Typen von Kleinbäuerinnen und -bauern, um mit klimabedingten Herausforderungen wie Dürren oder Überschwemmungen umzugehen und weitere Ziele wie Ernährungssicherheit sowie verbesserte Lebensgrundlagen in ländlichen Gemeinschaften zu erreichen
- Gezielte und evidenzbasierte Politikberatung für Entscheidungsträger*innen auf unterschiedlichen Ebenen, insbesondere zur Unterstützung der Nationally Determined Contributions (NDCs) und nationalen Anpassungspläne (NAPs)
- Attribution
- Quantifizierung des Beitrags des Klimawandels zu beobachteten Ertragsverlusten bei Nutzpflanzen auf globaler und regionaler Ebene durch die Kombination von Methoden der Attributionsforschung und Erntemodellierung
- Entwicklung von Konzepten zur Integration von Attributionswissenschaft, Quantifizierung von Schäden und Verlusten sowie bestehenden Methoden aus der Katastrophenvorsorge
- Kritische Auseinandersetzung mit der Frage, welche Rolle Ergebnisse der Attributionsforschung und klimawissenschaftliche Evidenz in den verschiedenen Säulen der internationalen Finanzierung und in der Gesellschaft spielen können bzw. nicht spielen sollten
Forschungsmethoden, Modelle und Daten
Wir kombinieren biophysikalische und empirische Impact-Modelle mit ökonometrischen und qualitativen Ansätzen:
- Modellierung von Anbaueignung und Erträgen durch semi-statistische Erntemodelle (z. B. AMPLIFY), prozessbasierte Erntemodelle (z. B. DSSAT und APSIM) oder Ansätze des maschinellen Lernens, um den Einfluss des Klimawandels auf Ernteerträge kurz-, mittel- und langfristig zu analysieren
- Ökonometrische Analysen wie mentale Modelle, randomisierte Kontrollstudien und quasi-experimentelle Ansätze auf Basis von Haushaltsbefragungen, Wetterdaten, landwirtschaftlichen und administrativen Daten zur Bewertung sozioökonomischer Wetter- und Klimaauswirkungen sowie von Anpassungsstrategien
- Qualitative Methoden wie leitfadengestützte Interviews und Fokusgruppen zur Erfassung spezifischer landwirtschaftlicher Kontexte
Für die Verbreitung unserer Forschungsergebnisse arbeiten wir mit unterschiedlichen Akteur*innen aus dem öffentlichen und privaten Sektor, z.B. mit Vertreter*innen von Landwirtschaftsministerien, lokalen Landwirtschaftsorganisationen oder Versicherungsunternehmen.
Ausgewählte Projekte
Für eine Übersicht aller Projekte klicken Sie bitte hier.
- TRANSFORM: Das Projekt zielt darauf ab, wissenschaftliche Erkenntnisse bereitzustellen, um eine gerechte Transformation in Agrar- und Ernährungssystemen zu unterstützen. Es untersucht insbesondere, welche agronomischen sowie institutionellen und verhaltensbezogenen Anpassungsstrategien wirksam sowohl zur Anpassung als auch zur Minderung in Agrar- und Ernährungssystemen beitragen – unter Berücksichtigung unterschiedlicher sozialer Gruppen, Entwicklungsstadien und Betriebstypen. TRANSFORM konzentriert sich auf Brasilien und Südostasien und wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert.
Dauer: Sep. 2024-Dez. 2027 - AJust: Ziel des Projekts ist es, die Eignung verschiedener agrarökologischer Praktiken – mit besonderem Fokus auf indigenem und traditionellem Wissen – im Hinblick auf das Erreichen mehrerer Entwicklungsziele zu bewerten. Dazu zählen unter anderem Klimaresilienz, Emissionsminderung, Biodiversitätsschutz und Geschlechtergerechtigkeit. AJust konzentriert sich auf Madagaskar und Indien und wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert.
Dauer: Jan. 2025-Dez. 2027 - RENAT: Ziel des Projekts ist es, das Produktionspotenzial und die Klimaresilienz von natural farming in Indien zu untersuchen. RENAT wird von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) über Rythu Sadhikara Samstha (RySS) gefördert.
Dauer: Dez. 2024-Dez. 2026 - CLIMAKID: Das Projekt nutzt Klimaattributionsdaten, prozessbasierte Pflanzenmodelle, ökonometrische Methoden sowie Methoden zur Bewertung epidemiologischer und gesundheitlicher Auswirkungen, um die bereits spürbaren Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit von Kindern zu quantifizieren. CLIMAKID arbeitet mit Akteur*innen in Westafrika, Zentral- und Ostafrika sowie Südasien zusammen und wird von der Wellcome Foundation gefördert.
- SAFE4ALL:
- PACO: Das Projekt unterstützt die Umsetzung der NAPs und NDCs in Benin, Côte d’Ivoire, der Republik Kongo und Senegal. Zudem stärkt es die Klimakommission für die Sahelregion (CCRS) und die Klimakommission für das Kongobecken (CCBC) dabei, Regierungen, Zivilgesellschaft, Kommunen sowie kleine und mittlere Unternehmen bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen zu begleiten. PACO ist ein IKI-Projekt, das von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert wird.
Dauer: Nov. 2023-Okt. 2027 - DecLaRe: Das Projekt hat zum Ziel, Empfehlungen für eine nachhaltige Landwirtschaft mit Schwerpunkt auf nachhaltigem Landmanagement in Nordbenin und Nordghana zu entwickeln. Das Projekt verbindet lokale wissenschaftliche Erkenntnisse mit nationalen und regionalen Modellen, um ein sogenanntes Decision Support System (DSS) für Landnutzung und Landmanagement zu entwickeln. Dieses soll unterschiedlichen Akteur*innen zur Orientierung für nachhaltiges Landmanagement dienen. DecLaRe bringt Wissenschaft, Politik und Privatwirtschaft zusammen, um eine wirksame Nutzung des DSS in den Partnerländern und darüber hinaus zu ermöglichen. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Dauer: Nov. 2022-Okt. 2026 - AfriValue: Ziel des Projekts ist es, Klimarisiken entlang der Kaffeewertschöpfungskette zu analysieren und wirksame Anpassungsstrategien zu identifizieren und zu bewerten. Das im Projekt gewonnene Wissen liefert Akteur*innen entlang der Kaffeewertschöpfungskette sowie Entscheidungsträger*innen aus Politik und Entwicklungszusammenarbeit wissenschaftlich fundierte Grundlagen für eine vorausschauende Anpassungsplanung und gezielte Investitionen. Der regionale Schwerpunkt liegt auf Ostafrika (Äthiopien, Kenia, Ruanda und Uganda). Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Dauer: Dez. 2022-Dez. 2026
Masterarbeiten und Promotionen
Wenn Sie Interesse daran haben, eine Masterarbeit in unserer Arbeitsgruppe zu schreiben oder eine Promotion zu einem der oben genannten Themen zu verfolgen, wenden Sie sich gerne an Prof. Dr. Christoph Gornott oder Dr. Lisa Murken.
Ein interdisziplinäres Team an zwei Standorten und Institutionen
Die Arbeitsgruppe vereint Klimawissenschaftler*innen, Agrarwissenschaftler*innen, Modellierer*innen, Ökonom*innen (mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie Agrar-, Entwicklungs- und Verhaltensökonomie), Geograf*innen und Sozialwissenschaftler*innen. Sie besteht aus Mitgliedern des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und der Universität Kassel, wo Prof. Dr. Christoph Gornott neben seiner Tätigkeit am PIK eine Professur für Agrarökosystemanalyse und -modellierung innehat. Zur Arbeitsgruppe an der Universität Kassel gehören:
Prof. Dr. Christoph Gornott, Arbeitsgruppenleiter
Dr. Sarah Murabula Achola, Postdoktorandin
Samavia Batool, Projektkoordinatorin
Lennart Jansen, Doktorand
Melika Vodounhessi, Doktorandin
Mayssa Harfouch, Doktorandin
Nicole Karnebogen, Sekretärin
Dr. Rike Becker ist Postdoktorandin am Imperial College London und zugleich Gastwissenschaftlerin am PIK.
Die Mitglieder des Teams am PIK sind unten aufgeführt.