Energiesysteme

Energiesysteme
Foto: Jason Blackeye/Unsplash

Die weltweiten Energiesysteme müssen sich in den nächsten Jahrzehnten grundlegend verändern, um den Anforderungen des Klimaschutzes, der ökologischen Nachhaltigkeit, des wirtschaftlichen Wohlstands und der erschwinglichen Energieversorgung, insbesondere für die Armen der Welt, gerecht zu werden. Um die im Pariser Abkommen formulierten Klimaziele zu erreichen, müssen im nächsten Jahrhundert nahezu emissionsfreie Energiesysteme geschaffen werden. Die Notwendigkeit einer Dekarbonisierung von Energiesystemen fällt mit einer Zeit revolutionärer technologischer Entwicklungen zusammen, beispielsweise in den Bereichen erneuerbare Energieerzeugung, Digitalisierung, Mobilität und städtisches Leben, die tiefgreifende Auswirkungen auf die Energiesysteme haben.

Die Arbeitsgruppe Energiesysteme ist bestrebt, auf den höheren Bedarf an systembasierter, interdisziplinärer Forschung zum Thema Energiewende zu reagieren. Die entscheidende Frage für die Energiewende-Forschung lautet: Wie können emissionsfreie Energiesysteme aussehen? Wie kann die Transformation erreicht werden? Wie kann die Elektrifizierung des derzeit nichtelektrischen Energiebedarfs für Transport, Industrie und Gebäude mit der Integration großer Anteile variabler Stromversorgung aus Wind und Sonne einhergehen? Was ist der Spielraum für innovative CO2-Managementprozesse, um emissionsneutrale Materialien, auf erneuerbaren Energien basierende synthetische Kraftstoffe oder sogar negative CO2-Emissionen zu entwickeln? Mit welchen politischen Maßnahmen können die national zugesagten Minderungsmaßnahmen in Einklang gebracht werden mit dem langfristigen Bedarf an Emissionen nahe Null? Was sind nicht-klimatische Umweltauswirkungen von Energieversorgung und -nutzung und wie können sie minimiert werden?

Methodisch basiert unsere Forschung stark auf dem REMIND-Modell, das durch branchenspezifische und Bottom-up-Analysen ergänzt wird. Das REMIND-Modellierungsteam war maßgeblich an der Weiterentwicklung des Standes der Technik des Integrated Assessment Modelling beteiligt. Es müssen jedoch noch weitere Verbesserungen bei der Granularität der sektoralen, regionalen, technologischen und politischen Details erreicht werden, um konkrete sektorale Veränderungen in den großen Volkswirtschaften und in naher Zukunft sowie deren umfassenderen ökologischen und sozialen Nutzen und ihre negativen Auswirkungen zu beschreiben.

REMIND group 2018

Die Arbeitsgruppe Energiesysteme gliedert sich in sechs Forschungsthemen, von denen drei durch Untergruppen abgedeckt sind:

a) Nationale Energiewenden

Co-lead: Robert Pietzcker and Falko Ueckerdt

Das National Energy Transitions Team (NETT) spricht länderspezifische Bedürfnisse und Perspektiven nationaler Entscheidungsträger und Interessengruppen an, indem es die nationalen Transformationspfade hin zu emissionsfreien Volkswirtschaften untersucht. Ein wichtiger Schwerpunkt dieser Tätigkeit ist die Analyse neuer Muster des Stromhandels, synthetischen Kraftstoffen und energieintensiven Gütern, die im Zuge des Übergangs zu weitgehend erneuerbaren Energiesystemen entstehen. In enger Abstimmung mit Thema (c) analysiert NETT die Marktintegration von Wind- und Sonnenenergie, die Elektrifizierung (Power-to-X, Sektorkopplung) und die damit verbundenen wirtschaftlichen Möglichkeiten. Aktuelle Analysen konzentrieren sich auf Deutschland, die Europäische Union und Australien. Eine Erweiterung auf andere Regionen ist geplant.

b) Transformation des Nachfragesektors

Der Energiesektor ist nicht nur für den Großteil der Treibhausgasemissionen verantwortlich, sondern auch für viele andere Umweltauswirkungen. Klimaschutzmaßnahmen werden voraussichtlich zu erheblichen Umweltnutzen führen, bergen jedoch auch das Risiko nachteiliger Nebenwirkungen, z.B. von einem erhöhten Landbedarf an Bioenergie oder übermäßigem Materialbedarf. Dieses Forschungsthema wird die energiewirtschaftliche Modellierung mit Ansätzen aus anderen Disziplinen wie der Luftverschmutzungsmodellierung, der Ökobilanz und der Landnutzungsmodellierung integrieren, um quantitative Erkenntnisse über diese Nebeneffekte abzuleiten. Ziel dieser Aktivität ist es, nachhaltige Transformationsstrategien abzuleiten, die gleichzeitig mehrere gesellschaftliche Ziele ansprechen.

c) Integration von erneuerbaren Energien und Sektorkopplung

Wenn Integrationsherausforderungen bei hohen Marktanteilen von variablen erneuerbaren Energien bewältigt werden können, machen die ungenutzten Ressourcen in Kombination mit beispiellosen Kostensenkungen den Strom zum am leichtesten zu dekarbonisierenden Energieträger. In einer stringenten Klimapolitik erwarten wir daher einen Paradigmenwechsel in Richtung Sektorkopplung: tief integrierte Energiesektoren mit einem hohen Grad an Elektrifizierung, die durch eine zunehmende Flexibilisierung des Energiebedarfs erleichtert werden. Je nachdem, wie diese Sektorkopplung umgesetzt wird, kann die verstärkte Nutzung von Elektrizität für die Bereitstellung von Wärme und Mobilität entweder neue Herausforderungen oder neue Flexibilität schaffen, die die Integration von erneuerbarer Elektrizität erleichtert. Dieses Forschungsthema wird Modelle auf verschiedenen zeitlichen und räumlichen Maßstäben kombinieren, um die Synergien des Gesamtsystems und die Zielkonflikte der Sektorkopplung zu untersuchen.

d) Carbon management

Leitung: Jessica Strefler

Um null oder sogar negative Emissionen zu erreichen, muss CO2 aus der Verwendung von fossilen Restbrennstoffen entweder gespeichert oder durch Kohlendioxid-Entfernung (CDR) aus der Atmosphäre kompensiert werden. Dieses Forschungsthema bewertet die Wirtschaftlichkeit und die Klimaeffizienz verschiedener Technologien zur Nutzung und Speicherung von Kohlenstoffabscheidung (CCUS) und CDR-Technologien. Die integrierte Modellierung der Energiewirtschaft und Landnutzung liefert quantitative Einblicke in Synergien und Zielkonflikte zwischen verschiedenen CCUS- und CDR-Technologien sowie mit dem Energie- und Landnutzungssystem sowie den Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft. Das Ziel dieser Analysen ist es, CCUS- und CDR-Technologien unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit in die allgemeine Strategie zur Transformation des Energiesystems einzubetten.

e) Analyse von internationaler Klimapolitik

Leitung: Christoph Bertram

Die im Rahmen der national festgelegten Emissionsminderungen verfehlen das, was erforderlich ist, um die Erderwärmung auf weit unter 2°C zu begrenzen. Um die Pariser Klimaziele in Reichweite zu halten, müssen daher die Umsetzung politischer Maßnahmen auf nationaler Ebene forciert und die internationale Zusammenarbeit gestärkt werden. Dieses Forschungsthema untersucht die Angemessenheit der Klimapolitik im Hinblick auf die international vereinbarten Ziele und Einstiegspunkte für eine verstärkte internationale Zusammenarbeit. Ein zentrales Ziel ist es, den internationalen klimapolitischen Diskurs sowie die wirtschaftlichen und finanziellen Akteure zu informieren.

f) Umwelteinflüsse

Der Energiesektor ist nicht nur für den Großteil der Treibhausgasemissionen des Menschen verantwortlich, sondern auch für viele andere Umweltauswirkungen. Klimaschutzmaßnahmen werden voraussichtlich zu erheblichen Umweltnutzen führen, bergen jedoch auch das Risiko nachteiliger Nebenwirkungen, z.B. von erhöhter Landnutzung für Bioenergie. Dieses Forschungsthema integriert die energiewirtschaftliche Modellierung mit Ansätzen aus anderen Disziplinen wie Luftverschmutzungsmodellierung, Lebenszyklusanalyse und Landnutzungsmodellierung, um quantitative Erkenntnisse über Umweltauswirkungen und Transformationspfade abzuleiten.

Team