Schellnhuber: CCS-Technologie „nicht dämonisieren“

22.09.2011 - Das umstrittene Gesetz zur Abspaltung und Speicherung von CO2 aus Kraftwerksabgasen ist diese Woche Thema im Bundesrat. Die öffentliche Debatte über Carbon Capture and Storage, kurz CCS, ist derzeit geprägt von vielerlei Ängsten. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), weist vor diesem Hintergrund auf die Bedeutung der Technologie für den Klimaschutz hin. „Wissenschaftliche Szenarien zeigen: Wird auf CCS von vornherein verzichtet, so wird es erheblich teurer, gefährlichen Klimawandels zu vermeiden“, so Schellnhuber. „Denn dann muss massiv in andere Technologien zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen investiert werden.“
Schellnhuber: CCS-Technologie „nicht dämonisieren“

Um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, ist es möglicherweise nötig, der Atmosphäre wieder CO2 zu entziehen. „Wollen wir die von Brandenburg, von Deutschland und von der Europäischen Union gesetzten Klimaziele erreichen, so muss langfristig sogar CO2 wieder aus der Luft heraus geholt werden“, so Schellnhuber. „Naheliegend ist hier vor allem eine Lösung: Biomasse-Kraftwerke plus CCS. Die Pflanzen nehmen beim Wachsen Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf, das beim Verbrennen wieder freigesetzt wird – und möglicherweise verpresst werden könnte.“ Natürlich komme es hierbei immer auf die Einzelheiten an: Für den Anbau von Energiepflanzen dürfen keine Wälder gerodet werden, und für eine unterirdische Speicherung von CO2 müssen die geologischen Voraussetzungen stimmen, betont Schellnhuber. „Aber gerade deshalb sollten genau diese Einzelheiten erforscht werden.“

Dabei geht es um viel mehr als nur um CCS. „So verständlich die Sorgen vieler Menschen angesichts der Erprobung neuer Technologien vor dem Hintergrund der Energiewende auch sind – wir sollten wegkommen davon, diese Technologien alle zu dämonisieren“, sagt Schellnhuber. Das gelte auch für CCS, das man als einen Bestandteil umfassender intelligenter Systeme sehen sollte.

„Hier ist die Erweiterung des Begriffs CCS zu CCX das Stichwort der Zukunft“, erklärt Schellnhuber. „Das X kann außer für die Speicherung genauso auch für die Nutzung des CO2 stehen, etwa bei der Umwandlung von Windstrom in Erdgas.“ Dabei wird das Kohlendioxid durch die Verbindung mit Wasserstoff zum Gebrauchsgas – und zwar eines, das einen dringend benötigten Speicher bieten könnte für den mal mehr und mal weniger stark produzierten Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne.