Natürliche Klimavariabilität vermutlich stärker als bisher angenommen.

Fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Paläoklimatologen,

Meteorologen und Klimamodellierern auf der 6. Deutschen Klimatagung


Potsdam, 25.09.03

Das Klima unseres Planeten erweist sich als ein weit verzweigtes, komplexes System, dessen Wechselwirkungen noch einige Überraschungen aufweisen. Die 6. Deutsche Klimatagung in Potsdam stellte als Hauptresultat fest, dass die natürliche Klimavariabilität vermutlich größer ist als bisher angenommen.

Über 250 Wissenschaftler diskutierten neueste Resultate zur beobachteten und rekonstruierten Klimavariabilität. In der Zusammenschau von Klimamodellstudien, Realdaten und Klimarekonstruktionen ist das Ziel, zu einer physikalischen Interpretation der Resultate aus den Klimaarchiven zu kommen und die Modelle zu prüfen, mit denen mögliche künftige Änderungen des Klimas abgeschätzt werden sollen.

Die Tagung wurde vom Alfred-Wegener-Institut (AWI), GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) und Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) gemeinsam mit der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft im traditionsreichen Wissenschaftspark auf dem Telegrafenberg Potsdam organisiert.

Ein wesentliches Element der 6. DKT bestand darin, dass die in den letzten Jahren begonnene fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Paläoklimatologen, Meteorologen und Klimamodellierern mit neuen Inhalten bereichert wurde. Das Klimasystem der Erde ist ein nichtlineares dynamisches System, das unter dem Einfluss externer Prozesse und interner Wechselwirkungsprozesse einem permanenten Wandel unterliegt. Die Vorhersage von Klimavariationen auf jahreszeitlichen über dekadische Zeitskalen bis zum Verständnis der Klimastabilität der gegenwärtigen Warmzeit und den Ursachen für Eiszeiten ist nicht nur von wissenschaftlichem, sondern auch öffentlichem und ökonomischem Interesse.

Jörg Negendank, GFZ Potsdam, erklärt, dass "ein wesentliches Ergebnis der 6. DKT darin besteht, dass die Unsicherheit in den Rekonstruktionen von Proxydaten größer als bisher angenommen ist und damit weiterhin Unsicherheiten in der Abschätzung der Stärke der natürlichen Klimavariabilität bestehen". Ein in diesem Zusammenhang besonders interessantes Phänomen, das für das Auf und Ab der Temperaturen in der Arktis und in den mittleren Breiten verantwortlich ist, heißt "Arktische Oszillation". Dabei handelt es sich um eine großräumige dekadische Schwingung der Atmosphäre.

Klaus Dethloff, AWI, hält dazu fest: "So wie eine Trommel natürliche Schwingungsmoden hat, ist die Arktische Oszillation eine natürliche Schwingung der Atmosphäre. Wenn man die Atmosphäre anstößt, mit schwankender Sonneneinstrahlung, mit Vulkanaerosolen, die das Sonnenlicht abblocken oder mit zusätzlichen Treibhausgasen und Ozonänderungen, reagiert sie mit den Schwingungen der Arktischen Oszillation".

Jedes externe oder anthropogene Signal wird durch diese dekadische Klimavariabilität maskiert. Dies erschwert die Bewertung der globalen und regionalen Auswirkungen menschlicher Eingriffe in die natürlichen Gleichgewichte in diesem komplexen System. Die Wechselwirkung zwischen den langsamer variierenden Randbedingungen der Eiskappen in Arktis und Antarktis, der thermohalinen Ozeanzirkulation und der Vegetation mit internen Instabilitäten der atmosphärischen und ozeanischen Strömungsmuster bestimmt die Klimavariabilität und abrupte Klimasprünge auf längeren Zeitskalen.

Martin Claußen, PIK, weist darauf hin, dass "das Studium der Klimageschichte durch Rekonstruktion und modellgestützte Interpretation unsere Wissenslücken bezüglich langfristiger Klimavariabilität schließen kann. Das hat diese Tagung eindrucksvoll belegt. Doch benötigen wir weiterhin kontinuierliche Langzeitbeobachtungen in allen Bereichen des Klimasystems. Ferner müssen die Rekonstruktionsansätze für Paläoklimadaten verfeinert und Klimasystemmodelle verbessert werden".

Die nächste 7. Deutsche Klimatagung findet 2006 in München statt.

Kontakt:
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI)
Margarete Pauls, mpauls@awi-bremerhaven.de, Tel. 0471/4831-1180

GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ)

Franz Ossing, ossing@gfz-potsdam.de, Tel. 0331/288-1040

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)

Anja Wirsing, anja.wirsing@pik-potsdam.de, Tel. 0331/288-2507