CO2 aus der Atmosphäre zurückholen: Potenziale und Risiken erforschen

24.06.2013 - Weil der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen weiter steigt, und weil eine wirksame internationale Zusammenarbeit in der Klimapolitik vielleicht auf sich warten lässt, sind eine Reihe großtechnischer Ansätze zum Klimaschutz vorgeschlagen worden. Einer davon ist das Zurückholen von CO2 aus der Atmosphäre – in der Fachwelt Carbon Dioxide Removal genannt, kurz CDR. Dieser Ansatz wird jetzt von zwei Forschungsgruppen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) untersucht. Theoretisch könnte er ehrgeizige Ziele zur Verringerung der Treibhausgase auf wirtschaftlichere Weise erreichbar machen, oder das Einhalten der von der internationalen Staatengemeinschaft gesetzten Zwei-Grad-Grenze globaler Erwärmung wahrscheinlicher machen. Die PIK-Projekte sind Teil eines Programms der Deutschen Forschungs-Gemeinschaft zu Climate Engineering, das diesen Monat startete.
CO2 aus der Atmosphäre zurückholen: Potenziale und Risiken erforschen

„Jede Form technischer Eingriffe in das Klimasystem birgt erhebliche Risiken, wenn nicht sogar Gefahren – deshalb sollte so etwas nur als theoretische Option betrachtet werden, bis die Konsequenzen vollständig geklärt sind“, sagt Wolfgang Lucht, Ko-Leiter des PIK-Forschungsbereichs Erdsystemanalyse. „Noch  verstehen wir die ökologischen Kosten, politischen Unwägbarkeiten und ethischen Rechtfertigungen dieser Technologien nicht gut genug. Deshalb erforschen nun Wissenschaftler, ob diese Ansätze überhaupt effektiv sind, und was ihre Folgen für das übrige Erdsystem sind.“ CDR solle keinesfalls als Ersatz für Emissionsreduktionen dienen, erklärt Lucht. „Es geht hier um eine mögliche Notfall-Aktion, wenn es der Menschheit heute nicht gelingt, verantwortlich zu handeln.“

Sein Projekt, das er zusammen mit den PIK-Wissenschaftlern Dieter Gerten und Tim Beringer leitet, analysiert bis in die Details die Folgen von Biomasse-Plantagen, die im großen Maßstab eingesetzt werden könnten, um CO2 zu binden. Die Folgen betreffen die Umwelt weltweit, vor allem das Klima, Naturschutz, Süßwasser-Ressourcen, und die landwirtschaftliche Produktion. Die Konsequenzen großflächiger Aufforstung und industrieller Biomasse-Monokulturen sollen in dem Projekt quantifiziert werden. Die Pflanzen mit dem gebundenen Kohlenstoff könnten stehen bleiben oder für die Energiegewinnung genutzt werden, oder auch im Boden als Biokohle gelagert werden. Bei diesem Projekt arbeitet das PIK mit dem Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg zusammen.

Ein anderes Team wird von Ottmar Edenhofer und Elmar Kriegler aus dem PIK-Forschungsbereich Nachhaltige Lösungsstrategien geleitet. Es untersucht, welche Rolle CDR für Klimaschutz-Strategien in der Zukunft spielen könnte. „Im Prinzip kann CDR Emissionen ausgleichen – solche der Vergangenheit, oder solche aus Sektoren, deren Umstellung auf erneuerbare Energien am relativ teuersten wäre“, sagt Kriegler. „Ob dies wünschenswert ist, hängt ab von der sorgfältigen Analyse der Risiken und Zielkonflikte des Einsatzes von CDR. Unsere Ausgangs-Hypothese ist, dass die Gesellschaft im Kontext der verfügbaren Alternativen und der Ziele abschätzen wird, wie wünschenswert dieser Ansatz ist. Unser Projekt soll die Informationen liefern für eine solche Abschätzung.“ Zusätzlich zur Aufforstung werden zwei weitere Ansätze untersucht: das direkte Entziehen von CO2 aus der Luft durch Chemikalien, und das verstärkte Verwittern von Gestein. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg und dem Institute of Advanced Sustainability Studies in Potsdam.

 

Link zu einer Studie zur möglichen kostensenkenden Wirkung von CO2 Entnahme beim Klimaschutz: http://www.pik-potsdam.de/news/press-releases/co2-removal-can-lower-costs-of-climate-protection

Link zu einem Meinungsbeitrag zu Geo-Engineering in PNAS:

http://www.pnas.org/content/108/51/20277.full

Link zu Zielkonflikten bei globalen Biomasseplantagen für Bioenergie:

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1757-1707.2010.01088.x/abstract

Link zum DFG-Programm: http://www.spp-climate-engineering.de/startseite.html