Über die wissenschaftliche Debatte zum anthropogen verursachten Klimawandel
hinaus beinhaltet die Dynamik des Erdklimas zahlreiche natürliche Variabilitäts-
Komponenten, die bislang nur unzureichend verstanden sind. Einen wesentlichen
Grund hierfür stellt die Komplexität der relevanten Prozesse dar, die sich in multiplen
Vernetzungen verschiedener Subsysteme wie Atmosphäre, Ozean und Cryosphäre
sowie der Existenz nichtlinearer Rückkopplungsmechanismen manifestiert. Vor
diesem Hintergrund stellen klimatologische Messdaten häufig nur eine unzureichende
Grundlage für die Identifikation solcher Prozesse dar, da diese mitunter auf Zeitskalen
ablaufen, welche die Länge existierender Messreihen deutlich übersteigen können.
Eine Alternative bieten paläoklimatische Proxy-Daten, welche Rückschlüsse auf die
Klimavariabilität der vorinstrumentellen Epoche ermöglichen. Allerdings birgt diese Art
von Daten ebenfalls zahlreiche methodische Schwierigkeiten (u.a. ein hohes
Rauschlevel, unsichere Chronologien, ungleichmäßige Zeitabtastung und unsichere
funktionale Zusammenhänge zwischen Proxy und beobachtbaren Klimavariablen),
welche die klimatische Interpretation der Variabilität solcher Proxies auf Basis linearer
Methoden der Zeitreihenanalyse häufig verhindern.
In diesem Projekt sollen verschiedene moderne Methoden der nichtlinearen
Zeitreihenanalyse (Rekurrenznetzwerke, Sichtbarkeitsgraphen, funktionale
Klimanetzwerke) erstmals systematisch auf Ensembles existierender Klimaarchive
sowie parallel Klimarekonstruktionen und Modellläufe angewendet werden. Neben
einem besseren Methodenverständnis sollen diese Untersuchungen die Beantwortung
ausgewählter aktueller klimatologischer Fragestellungen ermöglichen, welche sich auf
die Existenz von Kipppunkten im Klima des Nordatlantiks, die antisynchrone
Klimavariabilität von Nord- und Südhemisphäre sowie die Kopplung tropischer und
außertropischer Klimavariabilität auf der Südhemisphäre während der letzten 2000
Jahre beziehen.