Im Einklang mit dem Planeten: Rahmenwerk für neun globale Lebensmittelsystemgrenzen

03.11.2025 – Lebensmittelproduktion und -konsum sind dominante Treiber der Überschreitung planetarer Belastungsgrenze, zeigt eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Ein Forschungsteam, darunter PIK-Direktor Johan Rockström, legt erstmals ein umfassendes datenbasiertes Rahmenwerk für sogenannte „Lebensmittelsystemgrenzen” vor. Das Konzept überträgt die neun wissenschaftlichen planetaren Grenzen auf den Ernährungssektor und zeigt, dass nach aktuellem Stand alle davon überschritten werden.
Im Einklang mit dem Planeten: Rahmenwerk für neun globale Lebensmittelsystemgrenzen
Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft ist mit verantwortlich für den enorm hohen Biodiversitätsverlust. Foto: AdobeStock / kaentian

Mindestens vier der neun planetaren Grenzen sind am stärksten von den globalen Ernährungssystemen betroffen. Dazu gehören: die Ökosysteme, Landnutzungsänderungen, Veränderungen im Süßwasserhaushalt und biogeochemische Ströme. Darüber hinaus sind die Ernährungssysteme für den Großteil des Einsatzes von Pestiziden und antimikrobiellen Mitteln verantwortlich, die eine neue Gefahr für das Leben auf der Erde darstellen. Die Ernährungssysteme tragen auch zu rund 30 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen bei, die, wenn sie unvermindert anhalten, bis zum Ende des Jahrhunderts zu einer zusätzlichen Erwärmung um 0,9 Grad führen könnten. Den Forschern zufolge gefährdet dies nicht nur die Gesundheit des Planeten und der Menschen, sondern auch die Lebensmittelproduktion selbst. Um den 1,5-Grad-Pfad einzuhalten, müssten die durch das Lebensmittelsystem verursachten Emissionen unter fünf Gigatonnen CO2-Äquivalente pro Jahr sinken.

Mit den Grenzen des Ernährungssystems betonen die Forschenden, dass Treibhausgase schnell reduziert und die Umwandlung intakter Natur in landwirtschaftliche Nutzflächen gestoppt werden müssen. Fast 40 Prozent der Landfläche der Erde werden für die Landwirtschaft genutzt. Infolgedessen ist der Anteil intakter Natur in vielen Regionen zu gering: Rund ein Drittel der Ökosysteme weltweit liegt unter der kritischen Schwelle von 50 Prozent intakter Landfläche, die zur Erhaltung der Artenvielfalt und des Süßwasserhaushalts erforderlich ist. Laut der Studie sollte der Einsatz von Düngemitteln umverteilt und der Einsatz von Pestiziden und Antibiotika begrenzt werden. Eine Eindämmung der Ausweitung der Landwirtschaft könnte einen positiven Beitrag zum Schutz der Biodiversität, zur Kohlenstoffbindung, zur Emissionsreduzierung und zur Erhaltung der biochemischen Vielfalt und des Süßwasserhaushalts leisten.

Darüber hinaus stellt das Forschungsteam fest, dass die wirtschaftlichen Kosten der heutigen Ernährungssysteme die Vorteile überwiegen. Ohne einen Wandel der Lebensmittelsysteme ist davon auszugehen, dass die wirtschaftlichen Verluste und die Lebensmittelpreise weiter steigen und sich die Hungersnöte verschärfen werden. Um voll wirksam zu sein, sollten die Grenzen der Ernährungssysteme daher laut Forschenden an bestehende globale Governance-Maßnahmen wie das Übereinkommen über die biologische Vielfalt oder die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen angepasst werden.

Das Rahmenwerk wurde im Kontext der Folgearbeiten zu EAT-Lancet entwickelt und von PIK-Forschenden gemeinsam mit internationalen Partnern unter anderem aus den Niederlanden, Australien, dem Vereinigten Königreich und Schweden erarbeitet.

Studie:

Sofie te Wierik, Fabrice DeClerck, Arthur Beusen, Dieter Gerten, Federico Maggi, Anna Norberg, Kevin Noone, Lena Schulte-Uebbing, Marco Springmann, Fiona H. M. Tang, Wim de Vries, Detlef van Vuuren, Sonja Vermeulen, Johan Rockström (2025): Identifying the safe operating space for food systems. Nature Food.  [DOI: 10.1038/s43016-025-01252-6]

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