Unterstützung mongolischer Haushalte bei der Anpassung an den Klimawandel (ADAPT)

Kontext

Die Anpassung an den globalen Klimawandel stellt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit dar. In Folge des Klimawandels werden extreme Wetterereignisse voraussichtlich häufiger und mit größerer Intensität auftreten. Ländliche Haushalte in Ländern des Globalen Südens sind davon besonders betroffen. Es gibt einen großen Bedarf an Instrumenten, die Haushalte bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützen und die Vulnerabilität von Haushalten gegenüber zukünftigen Extremereignissen verringern. Das gilt auch für die Mongolei. Das Land wird zunehmend von extremen Wintern heimgesucht wird, die eine extrem hohe Viehsterblichkeit zur Folge haben und die ökonomische Lebensgrundlage der ländlichen Bevölkerung gefährden.

Forschungsfragen

Das ADAPT-Projekt untersucht, welche Faktoren begünstigen oder behindern, dass mongolische Haushalte in Klimaanpassung investieren. Ein Fokus liegt auf Index-basierten Wetterversicherungen – ein Instrument, das derzeit unter Akteur*innen der Entwicklungszusammenarbeit mit großen Erwartungen diskutiert wird. Index-basierte Versicherungen stützen sich auf einen statistischen Index, der auf aggregierter geografischer Ebene auf Basis von Wetter- oder Satellitendaten erstellt wird, wie Regenmenge oder Windstärke. Versicherte Haushalte erhalten immer dann eine Auszahlung aus der Versicherung, wenn der Index einen vordefinierten Schwellenwert über- oder unterschreitet. Eine weitere Anpassungsmaßnahme, die das ADAPT-Projekt untersucht, ist die Binnenmigration – eine extreme Form der Anpassung. Darüber hinaus quantifiziert das Projekt die Auswirkungen extremer Wetterereignisse auf das Wohlergehen von Individuen und Haushalten.

In vielen Ländern des Globalen Südens sind qualitativ hochwertige Mikrodaten nicht vorhanden, was die Forschung oftmals einschränkt. Das ADAPT-Projekt adressiert diese Lücke, indem es sozioökonomische Daten in der Mongolei erhebt und mit ökonometrischen Methoden analysiert. In Zusammenarbeit mit dem Nationalen Statistikamt der Mongolei implementieren Forschende am PIK eine repräsentative Haushaltslängsschnitt-Befragung: den Coping with Shocks in Mongolia Household Panel Survey. Die Wellen 4 und 5 der Befragung werden im Rahmen des ADAPT-Projekts erhoben.

Team

Dr. Kati Krähnert
(Projektleitung)
Svenja Fluhrer Aleksandra Wojewska Lukas Mogge Julian Röckert
KKraehnert

Ergebnisse

Mogge, L., J. Roeckert, and K. Kraehnert. 2024. "Impacts of anticipatory cash transfers in the context of weather disasters." Ruhr Economic Papers #1065.
https://www.rwi-essen.de/en/publications/scientific/ruhr-economic-papers/detail/impacts-of-anticipatory-cash-transfers-in-the-6563

Vorausschauende humanitäre Hilfe ist ein neuer Ansatz zur Unterstützung von Haushalten bei Extremwetterereignissen, der sich auf meteorologische Vorhersagen stützt. Mithilfe eines randomisierten Studiendesigns wird in dieser Studie die Wirksamkeit vorausschauender Geldtransfers, die während eines extremen Winterereignisses an Viehhalter in der Mongolei verteilt wurden, untersucht. Bei Betrachtung der gesamten Studienstichprobe können wir keine Effekte auf die Herdengröße, Einkommen, Investitionen oder Konsum feststellen. Weiterhin finden wir keine heterogene Effekte in Bezug auf die Intensität des Wetterereignisses. Es gibt jedoch robuste Belege dafür, dass Haushalte, die vor der Intervention über ein geringeres Vermögen verfügen, von den Geldtransfers profitieren. Abschließend werden in der Studie praktische Herausforderungen bei der Evaluierung von (vorausschauenden) humanitären Interventionen diskutiert.

Fluhrer, S., and K. Kraehnert. 2024. "Mobile phone network expansion and agricultural income: A panel study." Agricultural Economics 55:54-85. https://doi.org/10.1111/agec.12803

This study examines how the expansion of mobile phone networks affects rural development in Mongolia. The database is a detailed household panel survey with four waves implemented in western Mongolia, spanning the 2012-2021 period, which we combine with data on mobile phone towers. Our identification strategy exploits the uneven roll-out of mobile phone networks across rural areas over time. Using a two-way fixed effects approach, we show that network expansion strongly and significantly increases total household income of pastoralist households. The effect is driven by increased income from agriculture, particularly by higher producer prices for animal byproducts, improved access to transfer income, and increased household mobility. The expansion of mobile phone networks decreases income diversification among pastoralists. Instead, households specialize in agriculture. While findings suggest that investments in telecommunication infrastructure can help rural households to sustain a livelihood in the agricultural sector, the specialization in agriculture may increase households’ vulnerability to climate change.

Roeckert, J. & Kraehnert, K. (2022) Extreme Weather Events and Internal Migration: Evidence from Mongolia. Economics of Disasters and Climate Change 6(1): 95-128. https://doi.org/10.1007/s41885-021-00100-8

Dieses Forschungspapier untersucht eine extreme Anpassungsmaßnahme: Die dauerhafte Binnenmigration von Haushalten fort von durch Extremwetterereignisse betroffene Gebiete. Unser Fokus liegt auf extrem harten Wintern in der Mongolei, die durch sehr kalte Temperaturen, Schneefallanomalien und/oder Stürme gekennzeichnet sind und eine sehr hohe Viehsterblichkeit verursachen. Die Datengrundlage ist eine Zeitreihe von Migrations- und Bevölkerungsdaten auf Provinz- und Bezirksebene aus amtlichen Bevölkerungsregistern im Zeitraum 1992-2018. Ergebnisse zeigen, dass extreme Winterereignisse bis zu zwei Jahre nach einem Ereignis eine signifikante und beträchtliche dauerhafte Abwanderung aus den betroffenen Provinzen verursachen. Diese Effekte bestätigen sich bei Betrachtung der Veränderungsraten der Gesamtbevölkerung auf Distriktebene. Das Auftreten extremer Winterereignisse ist auch ein starker Indikator für den Rückgang der lokalen Bevölkerung von Hirtenhaushalten, der sozioökonomischen Gruppe, die von diesen Ereignissen am stärksten betroffen ist. Dies deutet darauf hin, dass die Aufgabe der Weidewirtschaft ein wichtiger Mechanismus ist, durch den der Klimawandel die Migration innerhalb des Landes beeinflusst.

Fluhrer, S. & Kraehnert, K. (2022) Sitting in the same boat: Subjective well-being and social comparison after an extreme weather event. Ecological Economics 195(107388). https://doi.org/10.1016/j.ecolecon.2022.107388

Die sozioökonomischen Auswirkungen von Extremwetterereignissen auf Menschen in Ländern des Globalen Südens sind bislang nicht gut dokumentiert. Dieses Forschungspapier trägt dazu bei, diese Wissenslücke zu schließen und untersucht, inwieweit Extremwetterereignisse die Lebenszufriedenheit von Menschen beeinflussen. Die Datenbasis für unsere empirische Untersuchung sind die ersten drei Wellen des Coping with Shocks in Mongolia Household Panel Survey, der zwei, drei und vier Jahre nach dem stärksten Extremwetterereignis der letzten 50 Jahre erhoben wurde: Im extrem kalten und schneereichen Winter von 2009/10 verendeten landesweit mehr als 10 Millionen Vieh. In jeder Welle der Haushaltsbefragung wurde der Haushaltsvorstand gebeten, die aktuelle Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 0 bis 10 anzugeben – ein inzwischen international etabliertes Maß. Unsere Analyse nutzt die starke räumliche Variation in der Intensität des Extremwinters innerhalb der Befragungsregion. Ergebnisse zeigen, dass die Lebenszufriedenheit von stark betroffenen Viehhalterhaushalten auch vier Jahre nach dem Schock signifikant niedriger ist als die Lebenszufriedenheit vergleichbarer Haushalte, die dem Extremereignis weniger stark ausgesetzt waren. Schäden, die benachbarte Haushalte erlitten haben, verstärken diesen Effekt. Für die Gruppe der Nicht-Viehhalter sind hingegen keine signifikanten Effekte des Extremwetterereignisses auf die Lebenszufriedenheit nachweisbar. Unsere Ergebnisse liefern Belege dafür, wie der Klimawandel zu Kosten führt, die über die Schäden einzelner Haushalte hinausgehen.

Svenja Fluhrer wurde für dieses Forschungspapier mit dem „Ökonomie des Klimawandels - Early Career Best Paper Award“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ausgezeichnet.

Mogge, L. (2023) A District-Level Analysis of the Effect of Risk Exposure on the Demand for Index Insurance in Mongolia. Ruhr Economic Papers 1018. http://dx.doi.org/10.4419/96973184

Index-basierte Wetterversicherungen sind ein neues Anpassungsinstrument für Haushalte, deren Lebensgrundlage durch extreme Wetterereignisse bedroht ist. Politikakteure in der internationalen Klima- und Entwicklungspolitik setzen derzeit große Hoffnung auf Indexversicherungen als eine erschwingliche und effiziente Möglichkeit, um gefährdete Haushalte in ländlichen Regionen gegen die Risiken von extremen Wetterereignissen abzusichern. Dennoch bleibt die Nachfrage nach Indexversicherungen bislang weltweit hinter den Erwartungen zurück. In diesem Forschungspapier untersuchen wir, welche Faktoren ländliche Haushalte daran hindern, eine Police der mongolischen Index-Based Livestock Insurance (IBLI) zu erwerben. Ergebnisse zeigen, dass das Erleben von Extremwetterereignissen in der Vergangenheit die Wahrscheinlichkeit signifikant erhöht, dass Haushalte eine Indexversicherung erwerben. Wahrgenommene Risiken spielen eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidungen für eine Indexversicherung. Diese Ergebnisse weisen auf ein Problem für politische Entscheidungsträger*innen hin: Eine Zeitperiode mit milden Wetterbedingungen kann dazu führen, dass Haushalte das Interesse am Abschluss von Versicherungen verlieren. Dies würde zu einer Unterinvestition in den Versicherungsschutz führen. Praktische Konsequenzen aus dieser Erkenntnis könnten im Bereich der Kommunikation mit potenziellen Kunden gezogen werden. Gezielte Informationen über das historische Ereignisse und das prognostizierte zukünftige Risiko des Eintretens könnte das Bewusstsein für die Risiken von extremen Wetterereignissen in der ländlichen Bevölkerung schärfen.

Coping with Shocks in Mongolia Household Panel Survey

Die Datengrundlage des ADAPT-Projekts bildet die Haushalts-Längsschnitterhebung Coping with Shocks in Mongolia Household Panel Survey. Das PIK führte die Datenerhebung in Kooperation mit dem National Statistical Office of Mongolia (NSO) in drei Provinzen in der westlichen Mongolei durch (Abb. 1).

Abb. 1: Karte der Mongolei, die drei Befragungsprovinzen sind grau markiert

Das ADAPT-Projekt führte die bestehende Längsschnitterhebung mit drei Wellen fort und befragte alle Stichprobenhaushalte zwei weitere Male in 2020 (Welle 4) und 2021 (Welle 5) (Abb. 2).

Abb. 2: Datenerhebung im Zeitverlauf

Die Stichprobe (1.768 Haushalte in Welle 1) ist repräsentativ für die städtische Bevölkerung und die ländliche Bevölkerung in jeder der drei Befragungsprovinzen. Die Datenerhebung fand kontinuierlich statt: Pro Monat wurden rund 150 Haushalte befragt, wobei jeder Haushalt in demselben Monat wie in Welle 1 befragt wurde. Das lokale Team, bestehend aus neun Interviewern, drei Teamleiter*innen und drei Fahrer*innen, war so monatlich in Kontakt mit Behörden in der Befragungsregion und daher stets gut informiert über den Aufenthaltsort der überwiegend nomadischen Stichprobenhaushalte. Zwischen Welle 1 und Welle 5 hat sich die Anzahl der Stichprobenhaushalte von 1.768 auf 1.629 verringert. Diese im internationalen Vergleich sehr niedrige Ausfallrate von 7,86% ist bemerkenswert, da ein Großteil der Stichprobenhaushalte eine nomadische Lebensweise verfolgt (Abb. 3).

Abb. 3: Stichprobengröße im Zeitverlauf

Der standardisierte Fragebogen umfasst in jeder Welle rund 400 Fragen. Erfasst wurden u.a. sozio-ökonomische Merkmale aller Haushaltsmitglieder (Alter, Geschlecht, Bildung), Wohlergehen (Einkommen, Vermögen, Lebenszufriedenheit), Ernährung (Konsumausgaben, Diversität des Konsums, Gewicht und Körpergröße von Kindern), Gesundheit (Ausgaben, mentale Gesundheit), Anpassung an den Klimawandel (Wetterversicherung, Investitionen, Migration), Auswirkungen von Extremwetterereignissen (Verluste, Strategien, Erhalt von humanitärer und informeller Hilfe) und Auswirkungen der Covid-Pandemie (Einkommensverluste, Verfügbarkeit von Lebensmitteln).

Fragebögen

Welle 4


Welle 5

Zitation des Datensatzes

Kraehnert, K., Lehmann-Uschner, K., Groppo, V., Bertram-Huemmer, V., Fluhrer, S., Mogge, L., Roeckert, J., & Wojewska, A., 2022. Coping with Shocks in Mongolia household panel survey, waves 1-5. Version 2.0. Potsdam, Berlin, and Ulaanbaatar: PIK, DIW Berlin, and NSO.


Finanzierung

Das Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01LA1906A gefördert.