Ignoriert die Trittbrettfahrer: Neue Studie untersucht Kommunikationsdynamiken in Klimaverhandlungen

16.07.2020 - Kommunikation ist der Schlüssel bei Klimaverhandlungen: Die Klimastabilisierung ist ein soziales Dilemma, denn verschiedene Akteurinnen und Akteure müssen in ein gemeinsames Ziel investieren. Laut einer neuen Studie, die in Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht wurde und von Jürgen Kurths und Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung mitverfasst wurde, verbessert die Kommunikation von Stimmung und Perspektiven die Gruppeninteraktionen in Klimaschutzprozessen erheblich.
Ignoriert die Trittbrettfahrer: Neue Studie untersucht Kommunikationsdynamiken in Klimaverhandlungen
Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg in Klimaverhandlungen: Sitz der Vereinten Nationen in Genf. Foto: Mat Reding/Unsplash

Die Resultate sind besonders relevant im Zusammenhang mit dem Pariser Abkommen von 2015: Dessen übergeordnetes Ziel – die Verringerung der Kohlenstoffemissionen, um die Erderwärmung unter 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten – hängt letztlich vom guten Willen der Handelnden ab. Zwar haben 195 Nationen das Abkommen unterzeichnet, doch ist bei weitem nicht klar, in welchem Umfang die einzelnen Staaten zur Erreichung des Ziels beitragen werden. Denn die Anstrengungen zur Stabilisierung des globalen Klimas bringen auch Trittbrettfahrer mit sich: Staaten, die nicht bereit sind, in die Reduzierung der Emissionen zu investieren, sondern letztlich von bereitwilligen Kooperationspartnern und Altruisten profitieren, die den Großteil der Last tragen.

Um Einblicke in die sozialen Aspekte der Klimaverhandlungen zu gewinnen, hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Zhen Whang von der Wang Northwestern Polytechnical University in Xi'an, China, insgesamt 351 studentische Freiwillige für ein Gruppenexperiment zur Eindämmung des Klimawandels rekrutiert. Sie wurden mit Kapital ausgestattet und gebeten, ihr Kapital auszugeben oder zu sparen. Je mehr sie ausgaben, desto mehr Schaden für das Klima konnte vermieden werden. Je mehr Kapital sie wiederum sparten, desto reicher waren sie am Ende des Experiments.

Das zentrale Ergebnis der Studie ist, dass Kommunikation die Chancen, das kollektive Anlageziel zu erreichen, deutlich erhöht: Als die Fähigkeit zur Kommunikation unter den Teilnehmern eingeführt wurde, stieg die Erfolgsquote von etwas über 50 auf über 90 Prozent. Während das Trittbrettfahrer-Problem fortbestand, erhöhten Altruisten und kooperationswillige Teilnehmer angesichts des drohenden Scheiterns ihre Beiträge – eine wertvolle Erkenntnis für zukünftige reale Klimaverhandlungen: Anstatt an Trittbrettfahrer zu appellieren oder Skeptiker zu bekehren, könnte es effektiver sein, auf dem vorhandenen guten Willen aufzubauen.

Artikel: Zhen Wang, Marko Jusup, Hao Guoa, Lei Shic, Suncana Gecekd, Madhur Anand, Matjaž Perc, Chris T. Bauch, Jürgen Kurths, Stefano Boccaletti, and Hans Joachim Schellnhuber: Communicating sentiment and outlook reverses inaction against collective risks. PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America). [DOI 10.1073/pnas.1922345117]