Sind die Flammen gelöscht, ist die Gefahr noch lange nicht gebannt: Kaskadeneffekte von Waldbränden

15.03.2021 - Nach extremen Wetterereignissen wie Dürren und Waldbränden sind oft nur kleine zusätzliche Naturereignisse wie Regenfälle nötig, um weitere folgenschwere Gefahrenkaskaden auszulösen – das ist das Ergebnis einer neuen Studie. Ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Potsdam und Berlin analysierte die verheerenden Waldbrände in Australien von 2019 bis 2020, die in ihrer Intensität und Schwere wahrscheinlich mit der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung zusammenhängen. Die Forschenden zeigen, dass der darauffolgende, dringend benötigte Regen weitere schwere Schäden verursachte, die sowohl Mensch als auch Natur ernsthaft beeinträchtigten.
Sind die Flammen gelöscht, ist die Gefahr noch lange nicht gebannt:  Kaskadeneffekte von Waldbränden
Ein Känguru und ein Jungtier nach Waldbränden in Mallacoota / Australien. Foto: Jo-Anne McArthur / Unsplash

"Wenn die Auswirkungen von Extremereignissen gebündelt auftreten, können ihre Folgen größer sein als die Summe ihrer Teile: Genau das haben wir in Australien festgestellt. Nach einer langen Dürre folgten extreme Brände, die nur die ersten beiden Glieder in einer Kette von nachfolgenden Naturgefahren waren", sagt Kirsten Thonicke, leitende Wissenschaftlerin am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). "Die Brände wurden schließlich durch heftige Regenfälle gelöscht, was an sich natürlich positiv war, aber in einigen Fällen zu massiven Überschwemmungen führte. Das Wasser spülte daraufhin den ausgetrockneten Boden weg, der durch das Feuer freigelegt worden war. Dadurch wurden Erde, Asche und verbrannte Vegetation in die Flüsse und Seen geschwemmt, was eine drastische Verschlechterung der Wasserqualität zur Folge hatte."

Um besser nachzuvollziehen, wie sich Naturgefahren in komplexer Weise gegenseitig beeinflussen, untersuchte ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des PIK, der Universität Potsdam, des Helmholtz-Zentrums Potsdam GFZ und der Technischen Universität Berlin das Einzugsgebiet des Manning River in New South Wales, im Südosten Australiens, anhand von Satellitenbildern sowie Wetter- und Flussdaten.

"Waldbrände sind eine normale, natürliche Gefahr in Australien, doch sie verursachen jedes Jahr erhebliche wirtschaftliche und ökologische Schäden. Gleichzeitig spielen sie eine wichtige Rolle in den Ökosystemprozessen - einige Pflanzen benötigen Brände, um auszusäen", sagt Matthias Kemter, Leitautor der Studie von der Uni Potsdam, und ergänzt: " Wie der Rest Australiens war das Flussgebiet des Manning River 2019 und 2020 von einer beispiellosen Dürre betroffen, die die Wahrscheinlichkeit sehr starker Waldbrände weit über das normale Maß hinaus erhöhte. In einer solchen Situation reichen oft schon mittlere Niederschläge aus, um eine drastische Erosion auszulösen, die Flusssysteme und Landschaften durch Überschwemmungen belastet. Das Auftreten all dieser extremen Gefahren steht wahrscheinlich in Zusammenhang mit anomalen Wetterbedingungen, die durch den Klimawandel verursacht werden."

Die im Flussgebiet des Manning River beobachtete Gefahrenkaskade verdeutlicht, dass die Auswirkungen des fortschreitenden Klimawandels auf Waldbrände die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß der katastrophalen Folgen anderer Gefahren beeinflussen. Außerdem konnten die Forschenden zeigen, dass diese Gefahren teilweise physikalisch miteinander verbunden sind und sich gegenseitig auslösen. 

Natürlich gibt es Gefahrenkaskaden nicht nur in Australien: Der Westen der USA erlebte nach dem australischen "Black Summer" die umfangreichste Feuersaison seit 70 Jahren, während in Sibirien ebenfalls großflächige Brände wüteten. "Kaskadeneffekte stellen eine unterschätzte Herausforderung in der Risikoanalyse dar, vor allem im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel", so Thonicke. "Forschende sowie Entscheidungsträgerinnen und -träger müssen verstehen, dass die wahren Kosten der Brände für die Gesellschaft weit über die bloße Bekämpfung der Flammen hinausgehen - sobald das Feuer gelöscht ist, beginnen die wahren Umweltkatastrophen."

Ganzer Artikel:

Kemter, M., Fischer, M., Luna, L. V., Schönfeldt, E., Vogel, J., Banerjee, A., Korup, O., & Thonicke, K: “Cascading hazards in the aftermath of Australia's 2019/2020 Black Summer wildfires.” Earth's Future. Doi: 10.1029/2020EF001884.

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