
Der Report beleuchtet die Risiken, Folgen und politischen Herausforderungen von Kipppunkten in Systemen unterschiedlicher Größen, von lokal wirkenden wie Gletschern und kleinen Eisfeldern bis hin zu kontinental und global bedeutenden, wie Meeresströmungen, polaren Eisschilden und dem Amazonas-Regenwald. Die derzeitige globale Erwärmung von etwa 1,3 bis 1,4 °C liegt bereits über dem geschätzten Kipppunkt für Warmwasser-Korallenriffe. Weitere kritische Komponenten des Erdsystems, darunter der Permafrostboden, der grönländische und der westantarktische Eisschild sowie der subpolare Wirbel, könnten ihre Kipppunkte bereits erreichen, wenn die globale Erwärmung die 1,5 °C-Marke knapp überschreitet.
„Wir sehen immer mehr Hinweise auf mögliche Kipppunkte in all diesen unterschiedlichen Systemen“, so PIK-Forscher Sina Loriani, einer der Leit-Autoren von Teil 2 des Reports, zum Stand der Kipppunkt-Forschung. „Das Risiko steigt, dass wir Rückkopplungseffekte in Gang setzen, die Veränderungen im Erdsystem verstärken und beschleunigen.“ Laut dem Bericht könnte der Amazonas-Regenwald bereits bei geringeren Temperaturen als bislang angenommen stark geschädigt werden, aufgrund des Zusammenspiels von Klimawandel und Abholzung. Die Untergrenze des geschätzten Anstiegs liegt nun bei 1,5 °C, was verdeutlicht, wie eng das verbleibende Zeitfenster geworden ist.
Fallstudie beschreibt die Auswirkungen, die das Überschreiten von Kipppunkten haben wird
„Wir müssen sowohl das Ausmaß als auch die Dauer einer möglichen Überschreitung der 1,5 °C-Grenze so gering wie möglich halten. Jedes Zehntelgrad und jedes zusätzliche Jahr über dieser Schwelle erhöhen das Risiko, unumkehrbare Veränderungen auszulösen “, sagt Nico Wunderling, Forscher am PIK und an der Goethe-Universität Frankfurt.
Eine Fallstudie zu Áakʼw Tʼáak Sítʼ, auch als Mendenhall-Gletscher bekannt, in der Nähe von Juneau, Alaska (USA), zeigt die erheblichen Risiken, die mit dem Überschreiten von Kipppunkten selbst in vergleichsweise kleinen Systemen wie Gletschern und kleinen Eisfeldern verbunden sind. In Juneau brachen 2023, 2024 und 2025 immer größere Gletscherseen aus Áakʼw Tʼáak Sítʼ und verursachten Schäden im zweistelligen Millionenbereich. Dies stellte die Region vor große Herausforderungen in Bezug auf Anpassung und politisches Handeln.
„Die Entwicklungen in Juneau unterstreichen die enormen Auswirkungen, die das Überschreiten von Kipppunkten auf Städte, lokale Gemeinschaften und indigene Völker überall haben wird, da sie die Last der Anpassung tragen müssen. Gleichzeitig verdeutlicht sie, wie wichtig schnelle, anpassungsfähige und inklusive Reaktionen sind – von temporärem Hochwasserschutz über nachbarschaftliche Hilfe bis hin zu langfristiger Planung. Es braucht ein koordiniertes Zusammenspiel aller beteiligten Akteure, um eine wirksame Anpassung in der Praxis umzusetzen“, sagt PIK-Forscher Donovan Dennis, der die Fallstudie leitete.
Report zeigt auch positive Entwicklungen auf
Die 160 Autorinnen und Autoren des Berichts argumentieren, dass Kipppunkte im Erdsystem durch ihre abrupte und potenziell irreversible Natur ein besonderes Risiko darstellen, das sie von anderen Umweltgefahren unterscheidet – und dass die bisherigen politischen Reaktionen und Entscheidungsprozesse dem nicht gerecht werden.
Zugleich sind positive Veränderungen zu beobachten, beispielsweise durch Fortschritte bei der Solar- und Windenergie weltweit, bei der Einführung von Elektrofahrzeugen, Batteriespeichern und Wärmepumpen in führenden Märkten. Der Bericht zeigt, dass diese Technologien bereits jetzt die Energiesysteme spürbar verändern. Doch diese Entwicklung müsse deutlich beschleunigt werden, etwa durch positive soziale und ökonomische Kippdynamiken, um die globale Erwärmung rechtzeitig zu stoppen und zu vermeiden, dass weitere Klima-Kipppunkte erreicht werden.
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