60 Nobelpreisträger: Kopenhagen muss Wende zur Nachhaltigkeit bringen

10.11.2009 – Rund sechzig Nobelpreisträger fordern die Regierungschefs der Welt auf, sich umgehend auf ein tragfähiges Klimaabkommen zu einigen. Ein solcher Vertrag müsse dem Ausmaß und der Dringlichkeit der sich bereits heute abzeichnenden sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Krisen gerecht werden, heißt es in einem entsprechenden Memorandum. Entschlossene politische Führung sei jetzt nötiger denn je. Zu den Unterzeichnern des Memorandums gehören unter anderem die Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow, seine Heiligkeit der Dalai Lama und Mohammed el-Baradei, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, sowie die Literaturnobelpreisträger Doris Lessing, John Coetzee und Wole Soyinka.
60 Nobelpreisträger: Kopenhagen muss Wende zur Nachhaltigkeit bringen

Das Memorandum, das im Frühjahr dieses Jahres im Rahmen eines Nobelpreisträgersymposiums unter der Schirmherrschaft des britischen Thronfolgers Prinz Charles entstand, richtet sich im Vorlauf des UN-Klimagipfels im Dezember in Kopenhagen an politische Entscheidungsträger in aller Welt. Die Unterzeichner rufen Politik und Wissenschaft auf, gemeinsam mit Industrie und Zivilgesellschaft die historische Chance von Kopenhagen zu nutzen, die bisherige kohlenstoffintensive Wirtschaftsweise durch eine nachhaltige und gerechtere zu ersetzen.

Rund zwanzig Nobelpreisträger verschiedenster Disziplinen hatten sich im vergangenen Mai im St. James’s Palace in London mit einer Expertengruppe aus führenden Wissenschaftlern und hochrangigen Entscheidungsträgern aus Wirtschaft und Politik getroffen, um über die wirksamsten Strategien zur Bewältigung der Klima- und Nachhaltigkeitskrise zu beraten. Zu den Teilnehmern gehörte auch der Energieminister der Vereinigten Staaten und Physik-Nobelpreisträger Steven Chu. Mittlerweile haben zahlreiche weitere Nobelpreisträger das Memorandum unterzeichnet, darunter auch deutsche Preisträger wie Harald zur Hausen oder Gerhard Ertl.

„Kaum eine andere Initiative zur Klima- und Nachhaltigkeitsproblematik dürfte über eine ähnliche intellektuelle Schlagkraft verfügen wie dieses Memorandum”, sagt Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Der weit verbreitete Glaube in Industrie- und Schwellenländern, ein ambitioniertes Klimaabkommen wäre ein Verlustgeschäft, sei nicht nur irrig, sondern drohe eine notwendige Einigung in Kopenhagen zu gefährden. „Es ist unerlässlich, dass in einer solch kritischen Situation unabhängige Größen der Wissenschaft ihre Stimme erheben”, so Schellnhuber.

Hideki Shirakawa, Nobelpreisträger für Chemie, hofft, dass das Memorandum den Sorgen der Menschen weltweit angemessen Ausdruck verleiht. Er glaube, dass sich nicht nur Wissenschaftler, sondern auch viele andere Menschen Sorgen um den Klimawandel machten. Der Großteil der Menschheit habe aber nicht die Möglichkeit, sich öffentlich Gehör zu verschaffen. „Ich hoffe, dass das St. James’s Palace Memorandum eine starke Stimme hat und hilft, die Weltgemeinschaft zu vereinen und zu bewegen“, sagt er.

Das Nobelpreisträgersymposium im St. James’s Palace ist Teil einer interdisziplinären Symposiumsreihe zur Globalen Nachhaltigkeit, die im Oktober 2007 von Hans Joachim Schellnhuber, dem Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, in Potsdam ins Leben gerufen wurde. Schirmherrin der damaligen Veranstaltung war Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das diesjährige Treffen wurde gemeinsam vom University of Cambridge Programme for Sustainability Leadership (CPSL) und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung veranstaltet. Das St. James’s Palace Memorandum knüpft an das Potsdam-Memorandum an, welches auf dem ersten Nobelpreisträgertreffen verabschiedet wurde, und stützt sich auf jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse der Forschung zum Klimawandel.


St. James's Palace Memorandum sowie Liste der Unterzeichner (Broschüre) [pdf; 1,1MB]:

http://www.pik-potsdam.de/aktuelles/pressemitteilungen/dateien/nobelpreistraeger-memorandum_de.pdf/at_download/file


Weitere Informationen:

PIK-Pressemitteilung v. 28.5.09, "Nobelpreisträger drängen auf Handeln im Klimaschutz" zum Abschluss des Nobelpreisträger-Symposiums im Mai 2009:
http://www.pik-potsdam.de/aktuelles/pressemitteilungen/nobelpreistraeger-draengen-auf-handeln-im-klimaschutz

Website des St. James’s Palace Nobelpreisträger-Symposiums:
http://www.nobelcause.org/

Website des ersten Interdisziplinären Symposiums “Global Sustainability – A Nobel Cause”:
http://www.nobel-cause.de/

The Prince’s Rainforests Project:
http://www.princesrainforestsproject.org/


Stimmen von Symposiumsteilnehmern zur Nachhaltigkeitsproblematik bzw. ihre Gründe das Memorandum zu unterzeichnen:


"Die Natur hat uns einen begrenzten Kohlenstoffkredit gewährt. Nun müssen wir alles daran setzen, mit diesem Kredit so sparsam und solidarisch wie möglich zu haushalten."
Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und Initiator der interdisziplinären Veranstaltungsreihe zur Globalen Nachhaltigkeit

Folgende Zitate derzeit nur in englischer Sprache:

I support the memorandum because I believe that firm preventative action is necessary to limit the risks of provoking climate-induced disruption of our supplies of food and water, of exacerbating social tensions and instabilities worldwide, and of bequeathing future generations the consequences of substantial sea level rise.
Prof. Chris Rapley, Director of the Science Museum, London

Astonishingly, there are still many influential people out there who devote huge amounts of time and energy to undermining global efforts on climate change.  Nobel Laureates command huge respect - and we must hope that their wise words will help counter some of that negativity.
Jonathon Porritt, Member of St. James’s Palace Symposium Advisory Group and Founder Director, Forum for the Future 

The world now faces several massive challenges - all of which must be confronted with serious effort if we are to survive into the next century. The Rainforest challenge is a key one that will require a coordinated response from all citizens on the planet.
Professor Sir Harold Kroto (Nobel Prize in Chemistry 1996)
  

Of the doomsday clocks that tick toward midnight climate change is the most fearful, whose ticking should be audible to every inhabitant of the globe.
Professor John Polanyi (Nobel Prize in Chemistry 1986)

I would say that I consider global warming to be the most serious hazard facing mankind, in the 21st century.  At the same time, I worry that this is such a complex issue and one that will require such substantial resources and changes in our behavior and attitudes, it may well be an issue which is too easy to ignore than to confront in a timely manner.  It is indeed the immediacy of the required response that worries me, for every year we wait, seeking a clearer view of what the dangers are and what actions are needed, the more painful will be the consequences and the more drastic will be the required response.
Professor Douglas Osheroff (Nobel Prize in Physics 1996)

I first encountered the concept of anthropogenic global warming when training to be a weather officer in World War II.  To illustrate the role of trace gases in determining atmospheric temperature, the professor noted that the increases in carbon dioxide due to industrialization would lead to warming.  When the topic came up in public discussion twenty-five years later, I felt I understood it well.  The subsequent scientific discourse has only made the analysis clearer and shown that the dangers of global warming are greater and more imminent than had been previously realized.
The countries of the world are increasingly interrelated, but no issue manifests this more than climate change. Emissions of carbon dioxide and other greenhouse gases affect the entire world with a day or so, and, once in the atmosphere, remain there for a century or more.  The conflict between individual and collective advantage is sharp, and the need for global action intense. The lead has to be taken by the countries that have gained from the use of carbon-based fuels in the past, but it has to be followed by the countries emerging to higher levels of consumption and production.
Professor Kenneth J. Arrow (Nobel Prize in Economics 1972)

Professor Shirakawa expressed his hope that the Memorandum would help articulate the very widespread concerns of people around the world: "I believe that not only scientists but also many ordinary people worry about climate change, but I am afraid that their view has not been articulated strongly enough because it is difficult to bring people together across the globe in order to express these concerns. I hope the St. James' Palace Memorandum will be a strong voice which unites and affects international society."
Professor Hideki Shirakawa (Nobel Prize in Chemistry 2007)  


Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die PIK-Pressestelle:

Tel.: 0331/288 25 07
E-Mail: presse@pik-potsdam.de