DPA-Gespräch mit S.R. am 23. Juli 2001
(dpa-Gespräch)
Klimaforscher: Bonner Einigung wird Klimawandel nicht verhindern
Potsdam (dpa) - Der Kompromiss auf dem Bonner
Weltklimagipfel wird die
Erderwärmung nach den Worten des Potsdamer Klimaforschers
Prof. Stefan
Rahmstorf nicht mehr abwenden können. «Eine
Begrenzung auf zwei bis drei
Grad können wir erreichen, aber es geht nicht mehr
darum, den Klimawandel
ganz zu verhindern», sagte Rahmstorf in einem dpa-Gespräch.
Prognosen hatten bei ungebremster Steigerung der weltweiten
Treibhausgas-
Produktion einen Temperaturanstieg von bis zu sechs Grad
in diesem
Jahrhundert vorausgesagt.
Die Bonner Einigung sei lediglich ein erster
Schritt, dem in den
kommenden Jahren und Jahrzehnten weitere Reduktionen
folgen müssten,
mahnte Rahmstorf. «Wir haben den Fuß vom
Gas genommen aber die Bremsung
noch nicht eingeleitet.» Ohne weitergehende Maßnahmen
ließen sich drastische
Klimaänderungen nicht ausschließen.
«Die Gefahr, dass es etwa zu Änderungen
in den Meeresströmungen
kommen kann, ist durchaus ernstzunehmen», betonte
der Klimaexperte. Einen
Bericht des britischen Wissenschaftsmagazins «New
Scientist» über erste Hinweise
auf eine Abnahme des für Europa wichtigen Golfstroms
nannte er allerdings
stark übertrieben. Es gebe lediglich für etwa
ein Drittel des tiefen
Kaltwasser-Rückstroms der sogenannten Nordatlantischen
Zirkulation erste
Indizien für eine Abschwächung.
Dennoch würden die Auswirkungen der
globalen Erwärmung spürbar werden,
sagte Rahmstorf. Zwar ließen sich Stürme,
Wolkenbrüche und andere drastische
Wetterereignisse zurzeit noch nicht zweifelsfrei dem
Klimawandel
zuschreiben. «Es ist aber sehr sinnvoll, sich auf
ein weniger verlässliches
und schlechter vorhersagbares Wetter einzustellen.»
So sollten
beispielsweise Land- und Energiewirtschaft ihre Verwundbarkeit
verringern.
«Weinbauern können etwa die Wasserspeicherfähigkeit
des Bodens erhöhen,
so dass er sowohl Trockenzeiten als auch Starkregen besser
übersteht.»
Den Bonner Kompromiss bezeichnete der Klimaexperte
als «verwässerte Form
des Kyoto-Protokolls». Dennoch begrüßte
Rahmstorf den Abschluss als
ersten Einstieg in einen globalen Klimaschutz. «Ich
bin nicht begeistert, aber
erleichtert.»
dpa tim yyzz