Risikomonitoring: Wetterprognosen und Ernteerträge

Die landwirtschaftliche Leistung hängt von vielen Faktoren ab, wobei das Wetter zu jenen Faktoren gehört, die sich am wenigsten beeinflussen lassen. Der Regenfeldbau ist jedoch in den meisten Entwicklungsregionen die Haupterwerbsquelle. So werden 95% der gesamten landwirtschaftlichen Anbauflächen in Subsahara-Afrika durch Regen gespeist. In solchen Regionen sind Wetterextreme ausschlaggebend für die zu erwartenden Erträge: Zu viele trockene Tage oder zu viel Niederschlag über einen kurzen Zeitraum können die Erträge erheblich mindern. Ähnlich verhält es sich mit der Temperatur: Übersteigt die Temperatur bestimmte Grenzwerte, kann das ordnungsgemäße Wachstum von Nutzpflanzen nicht mehr gewährleistet werden. Hitzewellen und frühzeitige Kältewellen können irreversible Schäden verursachen. Leider sind in vielen Entwicklungsländern Wetterinformationen knapp und wenn vorhanden, oft unzuverlässig. Daher untersuchen wir Schwachstellen vorhandener Wetterdaten, die die Genauigkeit von Ertragsmodellen einschränken.

Zu den meisten wetterbedingten Klimarisiken für Nutzpflanzen gibt es bereits vorbeugende Anpassungsmaßnahmen wie z.B. Be- und Entwässerung, Dämme, frühzeitige Ernte oder spätere Aussaat. Solche Anpassungsmaßnahmen wirken in unterschiedlichen Zeiträumen: Um ihre Eignung zu beurteilen, sind sowohl Informationen über die nahe Zukunft als auch über langfristige Entwicklungen erforderlich. Um kurzfristige Maßnahmen angemessen umsetzen zu können, ist eine zuverlässige Wettervorhersage über mehrere Wochen oder Monate im Voraus von größter Bedeutung. Dieser Wirkungsbereich zwischen Wetter und Klima ist jedoch als „Vorhersagbarkeitswüste“ bekannt: Wetterdienste wie z.B. die des EZMW oder der NASA bieten nur begrenzt Erkenntnisse über landwirtschaftliche Anwendungen in Afrika.

Neuartige Techniken maschinellen Lernens können kausale Zusammenhänge aus bestehenden Klimadaten extrahieren und somit wichtige Erkenntnisse über zugrundeliegende physikalische Mechanismen liefern, die die Fernverbindungen im Klimasystem steuern. Zu den etablierten Fernverbindungen gehören die Auswirkungen der Oberflächentemperaturen im tropischen Pazifik (auch bekannt als El Niño Southern Oscillation, ENSO) auf Temperatur und Niederschlag in tropischen Festlandregionen. Wir verwenden kausale Erkennungsalgorithmen, um diese Fernverbindungen zu identifizieren und daraus empirische Klimavorhersagen zu erstellen.

Wir wenden eine Reihe eigens entwickelter Erntemodelle an. Dazu gehören u.a. die Modelle AMPLIFY, LPJmL, DSSAT, APSIM und SWIM. Mit Hilfe dieser Modelle lassen sich Vorhersagen über Ernteerträge und die landwirtschaftliche Produktionsleistung in einer bestimmten Saison treffen. Derartige Erntevorhersagen können kleinbäuerlichen Betrieben, regionalen Planungsbehörden sowie Versicherungsgesellschaften dabei helfen, vorbeugende Maßnahmen zu konzipieren, diese anzuwenden, wo Ernteverluste drohen, und Warenangebot und –nachfrage entsprechend zu planen. Unser langfristiges Ziel ist es, ein globales, öffentlich zugängliches Vorhersage- und Frühwarnsystem einzurichten, mit Hilfe dessen Informationen zur landwirtschaftlichen Produktionsleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden können und somit einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten.